Düsseldorf Menschen in ganz Deutschland bekommen immer wieder Amazon-Pakete, obwohl sie nichts bestellt haben. Dahinter steckt wohl eine betrügerische Masche – wir erklären die Hintergründe.
Es klingelt, der Paketbote gibt ein mittelgroßes Paket ab – Inhalt: Ein Notsitz für einen Traktor, Wert: 230 Euro. Bestellt hat RP-Leserin Nadine Fink das nicht. Reichlich dubios, wie sie findet. Sie besitzt weder einen Traktor, noch taucht die Bestellung in ihrem Amazon-Konto auf.
Auch andere Leser melden sich. Sie haben Handy-Hüllen, Display-Schutzfolien und sogar eine Handtasche bekommen. Sorgen machen muss sich aber keiner. Mit den ungewollten Produkten könne jeder machen, was er will, sagt die Verbraucherzentrale NRW.
Der Marketplace von Amazon, also der Bereich, in dem unabhängige Händler über Amazon ihre Produkte vertreiben, steht in der Kritik. Kunden bekommen in jüngster Zeit vermehrt Pakete, die sie nie bestellt haben, meldet die Verbraucherzentrale. Es scheint, als verschickten Händler willkürlich an Amazon-Kunden, oft ohne Lieferschein und Absender. Was genau sie dabei antreibt, ist unklar – auch die Verbraucherzentrale stellt darüber nur Vermutungen an.
Ein mögliches Ziel könnte demnach sein, die Produkte weiter oben in den Suchergebnissen zu platzieren. Denn je mehr abgeschlossene Verkäufe das Produkt vorweisen kann, umso prominenter platziert es der Amazon-Algorithmus. Nötig ist dafür Experten zufolge ein gefälschtes Kundenkonto und eine beliebige existierende Adresse. Der Verkäufer bezahlt sein Produkt selbst, kann es im Nachgang also auch selbst bewerten.
Kosten entstehen dem Kunden dabei aus juristischer Sicht keine, sagt Medienrechtsanwalt Ehssan Khazaeli. Unbestellte Leistungen dürfe man behalten. Direkt weiterverkaufen oder entsorgen würde der Anwalt die Produkte aber nicht. Wenn nämlich ersichtlich sei, dass die Lieferung an die falsche Person ging, könne der Händler die Ware zurückfordern – müsse dann aber auch die Versandkosten übernehmen. „Ich würde die Waren zwei bis drei Monate aufheben“, sagt Khazaeli. Bei den beschriebenen Fällen sei es zwar unwahrscheinlich, dass die Waren nicht absichtlich bei ihren Empfängern gelandet sind, dennoch rät der Anwalt zur Vorsicht: „Es kommt schnell mal zu einem Zahlendreher in der Postleitzahl.“